Höchst/zutiefst lebendig
Nach dem Tod eines nahen Menschen erleben Sie es an Ihren eigenen Reaktionen, Ihren inneren und äußeren Regungen, die sich einfach unmittelbar ergeben, dass und wie sehr das Ende eines menschlichen Lebens so ganz viel mehr ist als einfach ein natürliches Geschehen, mehr als ein einfacher Endpunkt eines kurzen oder langen Lebens, mehr als letzte Wirkung einer Krankheit, als Ergebnis eines Unfalls oder eines selbst gewählten Weges…, – es können zunächst Erschrecken und Erschütterungen sein, Verzweiflung oder Wut, wie ebenso Dankbarkeit, Aufatmen, Erlösung und Befreiung, – manchmal vielleicht das Gefühl von einem großen Loch, in das Sie nun gefallen sind…, der ganze Boden des eigenen Lebens ist ins Wanken gekommen…, nichts ist mehr wie vorher…, – all das kann sich da in Ihnen in diesen ersten Zeiten mal mehr oder mal weniger deutlich regen.
Momente, Augenblicke..
Aber auch schon in den allerersten Zeiten nach dem Tod eines nahen Menschen gibt es unverhofft immer mal wieder diese kürzeren oder längeren Zeiten einer umfassenderen, tief und ernst gestimmten Ruhe, Wachheit und Lebendigkeit… – und darin allerkürzeste Augenblicke, in denen alles um sie herum aufgehoben und getragen ist, alles Woher und Wohin, alles Anfangen und Enden, – für einen kürzesten Moment einfach alles nur gelöst, gelassen und gegeben…, – eine einfach nur bedingungslos beruhigende Lebendigkeit, – die Tränen der Trauer jetzt gemischt mit Tränen eines einfach nur willkommenen, bedingungslos getragenen, tröstenden und getrösteten Wohlgefühls, in unwiderlegbarer und unvergesslich stimmender Gewissheit, – kürzeste Augenblicke einzigartig eigener höchst selbstgewisser und selbst zugestimmter Teilhabe an einer einzig wohltuenden Großen Selbstverwirklichung, in der alle wohl- und wehtuenden Selbstverwirklichungen dieser Welt und dieses Lebens zusammengehören, aufgehoben und getragen sind (>mehr).
Wirkungen –
ein großes Ja
Auch wenn diese Momente so kurz sind, dass Sie sich in diesen zunächst so aufwühlenden und aufregenden Zeiten vielleicht erst einmal gar nicht direkt an sie erinnern, – mehr oder weniger deutlich entfalten sie ihre ganz eigenen Wirkungen: die neu gespürte, bleibende Verbundenheit mit Ihrem, Ihrer Verstorbenen, Ihre mehr und mehr wachsende Zustimmung, Ihr zustimmendes Ja zu diesem ganzen, nun zu Ende gegangenen Leben, zunehmend unabhängig davon, wie es im Einzelnen entstanden, verlaufen und zu Ende gegangen ist, – unabhängig von allen Eigenarten – und zugleich in neuer Wertschätzung und Achtung, in zunehmend bedingungsloser Anerkennung von allem, wie es im Einzelnen gewesen ist, mal mehr, mal weniger wohltuend, – und nach und nach kommen Ihnen nun alle möglichen Einzelheiten, Eigenarten und Begebenheiten neu, in neu sich klärenden, geklärten Weisen in den Blick, in eine allmählich wachsende, zunehmend gelassene und lassende Erinnerung …
neu verbindlich – neu unterscheidend
Die neu gegebene, sich weitende, neu anerkennende und wertschätzende Verbundenheit mit Ihrer, Ihrem Toten rührt direkt an alte Wünsche in Ihnen selber, an diese „wirklichen“ und „eigentlichen“, weiterreichenden und tiefer liegenden Wünsche, die zumeist unter zahllosen und vielfältigsten anderen Wünschen mehr oder weniger zugedeckt, vergraben oder noch weiter verschüttet sind, an diese höchsten Lebenswünsche nach einfach nur bedingungsloser, einzig wohlwollender und wohltuender Wahrnehmung, Anerkennung und Erweiterung einzigartig eigener, einzelner und gemeinsamer Unterscheidungen und Verbindungen in allen Verhältnissen dieser Welt und dieses Lebens….; –
und mit dem Tod des nahen Menschen ist dann nicht nur „äußerlich“ nichts mehr so wie vorher, hat sich nicht nur Ihr gewohnter Lebensalltag grundlegend verändert, sondern mit dieser neu auffrischenden Erinnerung an Ihre weitesten Lebenswünsche verändern sich ebenso teils gleich schon von Beginn an – und dann nach und nach weiter zunehmend – alle näheren und weiteren, inneren und äußeren Verhältnisse Ihres Lebens, – Ihr Verhältnis zu sich selbst, zu anderen Menschen, zur Natur auf diesem Planeten, zu Pflanzen, Tieren, Wasser oder Luft, zu dieser Erde, zu Sonne Mond und Sternen…, –
oft erst fast wie unmerklich haben Sie begonnen, Ihr ganzes eigenes Leben noch mal wieder neu an diesen, „großen“, „wirklichen“ und „eigentlichen“ Lebenswünschen zu orientieren und entsprechend auszurichten: in zunehmender Deutlichkeit spüren Sie, wer und was Ihnen in Ihrem Leben wirklich gut tut und gut getan hat, wer Ihnen wirklich wohl gesonnen ist und war, – wo, wie und mit wem Sie Ihren wirklichen Wünschen folgen und gefolgt sind und wo, wie und mit wem nicht; – neu nehmen Sie auch im weiter gemeinsamen, im allgemeinen Leben und Zusammenleben wahr, wo und wie dort diesen „eigentlichen“ Wünschen entsprochen wird, wo nicht…; – und mit wachsendem Gespür geht dann alles bald schon mal und manches oft auch erst nach Wochen, Monaten, einzelnes vielleicht sogar erst nach Jahresverlauf oder noch später in entsprechend folgende, kleinere oder größere Taten über, -neue Unterscheidungen, Trennungen, nicht unwahrscheinlich ein unverhofftes Entgegenkommen von etwas oder jemandem, von dem, der Sie vielleicht schon gar nicht mehr wussten, dass Sie sich das, so jemanden wie sie, ihn „eigentlich immer schon“ gewünscht hatten – neue Nähe, neue Verbindungen…, – bei deren Eintreffen Sie dann manchmal schon vergessen haben, woher eigentlich der letzte große Anstoß dazu gekommen war…
teilen, mitteilen – feiern
Und schon von den ersten Momenten nach dem Tod Ihres nahen, nächsten Menschen hatten Sie es erlebt, dass Sie fast gar nicht anders konnten, als dieses Erleben möglichst umgehend anderen mitzuteilen, es mit anderen zu teilen; und darin hatten Sie es gleich hautnah gespürt, wie wohltuend und hilfreich dieses Mitteilen und Miteinanderteilen nicht nur für Sie selber war und ist, sondern ebenso für die anderen in Ihrer näheren und weiteren Umgebung, – dass und wie sehr auch die anderen Menschen von Ihrem nahen Erleben des Todes eines anderen Menschen berührt wurden – und dadurch nun ebenso an ihre „eigentlichen“ und „wirklichen“ Lebenswünsche erinnert und entsprechende Wirkungen in ihnen angestoßen wurden..; –
und damit war dann auch bald der Wunsch gegeben, dieses außergewöhnliche eigene, einzelne und gemeinsame erste Erleben nach dem Ende dieses ganzen Lebens auch in einer entsprechend außergewöhnlichen Weise mit anderen zu teilen, – der Wunsch, dieses Erleben – und das nun vergangene ganze Leben des, der Verstorbenen und seine Wirkungen in einer besonderen Weise wertzuschätzen und zu würdigen, es in besonderer Deutlichkeit zu unterstreichen und hervorzuheben, es „hoch zu zeigen“, „hoch-leben“ zu lassen, es mit anderen zu feiern.